
"Arbeit hat man besser keine?" – Erwerbslosigkeit zwischen Sehnsucht und Existenzangst
Bei kaum einem Thema liegen in unserer Gesellschaft Sehnsüchte und Ängste so dicht beieinander wie beim Thema Erwerbslosigkeit: Wer träumt nicht von einem Leben ohne Lohnarbeit, das sich ganz den eigenen Interessen und Wünschen verschreibt? Und wer sorgt sich umgekehrt nicht davor, arbeitslos zu werden und dann Armut, Ausschlüsse oder sozialen Abstieg zu erleben?
In dem Bildungsurlaub wollen wir uns diesen Sehnsüchten und Ängsten systematisch widmen: Woher kommt der Druck in unseren gesellschaftlichen Verhältnissen, einer Lohnarbeit nachzugehen? Was hat das mit der Erwerbsarbeitsnorm, mit abwertenden Debatten über „Hartzer*innen“ und „Sozialschmarotzer*innen“, dem Leistungsprinzip und dem deutschen Sozialstaat zu tun? Wie prägt all das unser Denken und Handeln als Arbeitende oder Nicht-Arbeitende und was macht das mit unseren Vorstellungen von Gerechtigkeit und einem guten Leben?
Dabei wollen wir im Laufe des Bildungsurlaubs in Berlin besonders mit Menschen ins Gespräch kommen, die die Vorzüge und Abgründe des deutschen Sozialstaats aus der Nähe kennen: Mit Erwerbslosen(initiativen), die alltäglich Erfahrungen mit den Jobcentern machen, mit Migrant*innen, die durch alle Raster des deutschen Sozialstaats fallen und Rassismus im Sozialstaat erfahren, mit Aktivist*innen, die gegen Ausgrenzung und Sanktionen und für gleiche Rechte für alle kämpfen. Gleichzeitig wollen wir uns anhand ausgewählter Beispiele aus Filmen, Kunst und Literatur fragen, wie Arbeit und Leben anders zusammengedacht werden können? Welche Möglichkeiten und Antworten bieten Ideen wie das bedingungslose Grundeinkommen oder die Utopie einer „Post-Arbeits-Gesellschaft“? Auf der Suche nach Antworten wollen wir auch voneinander lernen. Denn wir alle sind als Arbeitende oder Nicht-Arbeitende mit den Realitäten einer Erwerbsgesellschaft konfrontiert und tragen unsere Geschichten, Träume, Ängste und Kämpfe mit uns herum.
Angesichts des Themas des Bildungsurlaubs freuen wir uns besonders darüber, wenn auch Menschen teilnehmen können, die selbst Erfahrungen mit Erwerbslosigkeit und/oder prekären Arbeits- und Lebensbedingungen haben. Bitte melden Sie sich, wenn Sie Interesse an einer Teilnahme haben und dafür finanzielle Unterstützung benötigen.
Termin: 09. – 14. Juli 2023
Ort: Berlin, Centre Français de Berlin
Kosten: 450 € (5 Ü/F, DZ, P), EZ-Zuschlag: 150 €, Ohne Übernachtung: 325 €
Seminarnummer: 202308